LESERFRAGEN EXPERTENTELEFON „CED - Darmerkrankungen\" am 20.10.2011

Die wichtigsten Leserfragen am Expertentelefon "Darmerkrankungen" am 20.10.2011

 

 

 

 

 

 

 

Mir macht in letzter Zeit ein blutiger Durchfall Sorgen. Kann das Morbus Crohn sein?

  • Prof. Dr. Andreas Raedler, Chefarzt des Asklepios Westklinikums Hamburg, Abteilung für Innere Medizin, Gastroenterologie: Es handelt sich hier eher um eine Colitis ulcerosa als um Morbus Crohn. Denn gerade häufige und blutige Durchfälle gelten als das wesentliche Symptom dieser chronischen Dickdarmentzündung. Bei Morbus Crohn sind blutige Durchfälle eher selten. Es muss auf alle Fälle eine Darmspiegelung durchgeführt werden, damit man eine Diagnose stellen kann.

Bei meinem zehnjährigen Sohn wurde Morbus Crohn festgestellt. Kann er je wieder ein normales Leben führen?

  • Prof. Raedler: Mit den heutigen Behandlungsmöglichkeiten können viele Patienten mindestens 90 Prozent ihrer Lebensqualität wieder erreichen. Das gilt auch für Kinder. So können einige der hochwirksamen TNF-alpha-Blocker, wie zum Beispiel Infliximab, bei Kindern ab 6 Jahren mit schwergradigem aktiven Morbus Crohn eingesetzt werden.

Seit er weiß, dass er Morbus Crohn hat, geht mein Freund kaum noch vor die Tür. Ziehen sich alle Betroffenen so zurück? Was kann man tun?

  • Prof. Raedler: Einige Patienten, die an Morbus Crohn erkrankt sind, fühlen sich körperlich schwach und vermeiden es daher, mehrmals am Tag vor die Tür zu gehen. Wenn Ihr Freund Angst hat, die Wohnung zu verlassen, kann das aber auch daher rühren, dass er fürchtet, nicht rechtzeitig eine Toilette zu finden. Um Scham und Ängsten zu begegnen, kann es von Vorteil sein, zusätzlich zu der sonstigen Therapie eine begleitende psychologische Betreuung in Anspruch zu nehmen. Damit lässt sich die Lebensqualität und -freude oft wieder erreichen.

Gibt es Lebensmittel, die man bei Colitis ulcerosa meiden sollte?

  • PD Dr. Thomas Ochsenkühn, Leiter der CED Ambulanz und Privatdozent an der Medizinischen Klinik II des Klinikums Großhadern der Universität München: Die medizinische Wissenschaft konnte bisher weder bei Morbus Crohn noch bei der Colitis ulcerosa bestimmte Nahrungsmittel identifizieren, die schädlich oder nützlich sind. Neben einer optimalen Therapie, die zur Abheilung und Gesundung der entzündeten Darmanteile führt, ist eine gesunde Nahrung empfohlen, die der Patient verträgt. Im akuten Schub kann eine Schonkost hilfreich sein.

Ich nehme gegen meinen Crohn seit einiger Zeit Kortison. Doch ich habe Angst vor Spätfolgen wie zum Beispiel Osteoporose...

  • PD Dr. Ochsenkühn: Die Anwendung von Kortison sollte auf einen sehr kurzen Zeitraum begrenzt sein, da die Nebenwirkungen einer Langzeittherapie gravierend sein können. Zur Erhaltung von symptomfreien Phasen stehen inzwischen andere Medikamente wie Biologika und Azathioprin zur Verfügung.

Ich würde gern eine Wanderwoche in den Alpen machen. Wie kann ich verhindern, dass ich gerade in der Zeit einen Crohn-Schub bekomme? Kann ich die symptomfreien Zeiten irgendwie verlängern?

  • PD Dr. Ochsenkühn: Voraussetzung für eine normale Lebensplanung mit Freizeitaktivitäten ist eine schubfreie Zeit ohne Beschwerden, am besten zusammen mit einer geheilten Darmschleimhaut. Wird dieses Ziel über die Behandlung nicht erreicht, können Schübe jederzeit auftreten - auch wenn es manchmal schwer ist, diese Wahrheit zu akzeptieren.

Mein Arzt möchte meine CED-Therapie auf so genannte Biologika umstellen. Was kann ich von der Therapie erwarten?

  • Dr. Stefanie Howaldt, Fachärztin für Innere Medizin in einer CED-Schwerpunktpraxis in Hamburg: Sie können von dieser Therapie sehr viel erwarten. Bisher haben Sie vermutlich viel Kortison und Mesalazine erhalten und haben auf ein Immunsuppressivum nicht angesprochen oder Nebenwirkungen gehabt. Nun kommt eine Therapie auf Sie zu, die stark wirksam ist, dafür aber relativ wenig Nebenwirkungen hat - über die Sie Ihr Arzt ausführlich aufklären sollte. Sie sollten von der Therapie eine neue Lebensqualität erwarten. Sie sorgt in den allermeisten Fällen dafür, dass Sie Ihr bisher eingeschränktes Privat- und Berufsleben fast wieder so ausüben können wie vor Ihrer Erkrankung.

Meine Tochter war sehr sportlich, bis eine Colitis ulcerosa festgestellt wurde. Muss sie denn nun auf Sport verzichten?

  • Dr. Howaldt: Das muss Ihre Tochter nicht. Es gibt keine Untersuchungen, die gezeigt haben, dass sich Sport negativ auf die Erkrankung auswirkt. Sicherlich sollte man im akuten Schub nicht Marathon laufen, aber für die aktive Schubphase stehen je nach Ausprägung viele Sportarten zur Verfügung, die ausgeübt werden können. Aber: Wenn Ihre Tochter in guter ärztlicher Behandlung ist, sollte sie schnell aus dem akuten Schub herauskommen. Heute stehen uns viele und gute Medikamente zur Verfügung, so dass bis auf ganz wenige Ausnahmen alle Patienten mit einer Colitis ulcerosa schnell in eine beschwerdefreie Phase kommen können.

Ich habe seit zehn Jahren Morbus Crohn und habe meine Krankheit weitgehend gut im Griff. Nun wünsche ich mir ein Kind. Darf ich überhaupt schwanger werden und was muss ich bei einer Schwangerschaft beachten?

  • Dr. Howaldt: Natürlich dürfen Sie schwanger werden, es gibt da sehr wenig Einschränkungen. Das wichtigste ist, dass Sie als potentielle Mutter in einer ruhigen Phase Ihrer Erkrankung sind. Das kann von alleine und ohne Medikamente so sein, man kann aber auch mit einer bestehenden und passenden Medikation ein gesundes Kind zur Welt bringen. Bis auf Methotrexat sind fast alle Medikamente in der Schwangerschaft unter bestimmten Bedingungen möglich. Sie sollten sich zur Betreuung auf eine enge Kooperation zwischen Ihrem behandelnden Gastroenterologen und dem Gynäkologen verlassen können. Vor Planung der Schwangerschaft sollten Sie ein ausführliches Gespräch mit beiden führen.

Meine beschwerdefreien Phasen werden immer kürzer. Kann das auch an Stress liegen? Oder wird Crohn mit der Zeit automatisch schlimmer?

  • PD Dr. Tanja Kühbacher, Oberärztin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Klinik für Innere Medizin I in Kiel: Morbus Crohn wird nicht automatisch schlimmer. Es kann jedoch in Stress-Zeiten zu einer Verschlimmerung der Erkrankung kommen, obwohl es sich bei Morbus Crohn nicht um eine psychosomatische Erkrankung handelt. Zudem kann der Verlauf mit der Zeit chronisch-aktiv werden. Eine Anpassung Ihrer Medikation ist daher sehr wichtig, um langfristige Ruhephasen zu erreichen

Meine sechsjährige Tochter ist mit ihrer Colitis ulcerosa bei unserem Kinderarzt in Behandlung. Ist sie dort gut aufgehoben oder sollen wir uns an einen Spezialisten wenden?

  • PD Dr. Kühbacher: Wichtig wäre eine zusätzliche Vorstellung bei einem auf CED spezialisiertem Kindergastroenterologen, der dann gemeinsam mit Ihrem Kinderarzt Ihre Tochter betreuen wird. Entsprechende Adressen von Spezialisten in Ihrer Nähe bekommen Sie bei der Zentralen Beratungsstelle der Deutschen Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung DCCV e.V. in Berlin.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),